Samstag, 4. Januar 2014

Riskantes Alibi - Ein Fall für Vicky Kant

Ein exclusiver Vick Kant-Ratekrimi
Von H.P. Karr

Kommissarin Vicky Kant kennt sich hier im Viertel ganz gut aus, deshalb findet sie die Beckerstraße auch sofort. Dieter Wunderlich wohnt in der Nummer 26, und das Glück will es, das vorm Haus auch gerade ein Parkplatz frei ist. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht der Wagen einer Glaserei und zwei Glaser setzen gerade eine neue Scheibe in das Schaufenster eines Schuhgeschäftes ein, das Vicky Kant nur allzu gut kennt, weil sie dort schon mehrere Monatsgehälter gelassen hat.

»Also«, sagt Vicky Kant zu ihrem Kollegen Weber auf dem Beifahrersitz. »Was haben wir bis jetzt?«
»Einen Mord und einen Verdächtigen«, sagt Weber wie aus der Pistole geschossen und blättert in seinen Notizen zum Mordfall Bredenburg. »Dieter Wunderlich ist unser Hauptverdächtiger. Er war bis vor zwei Monaten der Geschäftspartner von Lukas Bredenburg - den beiden gehörte eine Firma, die Mobiltelefone importierte. Vor zwei Wochen kündigte Bredenburg den Gesellschaftervertrag und verlangte von Wunderlich zwei Millionen Euro, die dieser angeblich zu Privatzwecken von den Firmenkonten abgezweigt hatte. Wunderlich bestritt das und schaltete seine Anwälte ein. Aber Bredenburg blieb hart und kündigte an, Beweise für Wunderlichs Betrügereien vorlegen zu können. Doch ehe er dazu kam wurde Lukas Bredenburg gestern Abend um 20 Uhr auf dem Parkplatz seiner Firma erschossen. Der Täter hat ihm aufgelauert, es handelte sich also um einen geplanten Mord. Der Täter hatte es offenbar auf eine Aktentasche mit Unterlagen abgesehen, die Bredenburg bei sich hatte, denn diese wurde nicht bei dem Toten gefunden. Wir können wohl annehmen, dass die Tasche die Unterlagen enthielt, mit denen Bredenburg seinem Partner die Betrügereien nachweisen wollte.«
»Gut«, sagt Vicky Kant entschlossen. »Dann schauen wir jetzt einmal, ob wir Herrn Wunderlich den Mord an seinem Partner nachweisen können.«
***
Dieter Wunderlich öffnet ihnen nach dem ersten Klingeln.
»Ich habe schon mit Ihnen gerechnet!«, sagt er angesichts von Vickys Dienstmarke. »Ein Kollege aus der Firma hat mich angerufen und erzählt, was mit Bredenburg passiert ist.«
»Dann wird Sie die Frage nach Ihrem Alibi nicht überraschen!«, sagt Vicky Kant knapp. »Wo waren Sie gestern von 19 bis 21 Uhr?«
»Hier!«, sagt Wunderlich lässig. »Leider allein. Aber gestern gegen 20 Uhr ist da drüben ein Motorradfahrer ins Schaufenster des Schuhgeschäftes gerast. Ich habe es klirren gehört und aus dem Fenster geschaut. Die Polizei kam ziemlich schnell und auch ein Krankenwagen. Der Motorradfahrer war nicht schwer verletzt, die Polizisten haben ihn vernommen und dann brachte ihn der Krankenwagen weg.« Wunderlich grinst. »Eine aufgeplatzte Augenbraue und zwei Schnittwunden vom Glas im Oberarm - der Bursche hat mehr Glück als Verstand gehabt.«
»Ich überprüfe das«, sagt Weber und holt sein Mobiltelefon heraus.
»Der Vorfall dauerte fast eine halbe Stunde«, sagt Wunderlich. »Ich habe mir alles angesehen - es war spannender als Fernsehen.«
»Komisch, dass dieser Unfall genau zur Tatzeit passierte«, meint Kommissarin Vicky Kant. »Und vielleicht wissen Sie auch nur von Ihren Nachbarn davon.«
»Mit denen rede ich nicht!«, sagt Wunderlich.
Weber schaltet sein Mobiltelefon aus. »Die zuständige Polizeiwache bestätigt den Unfall gestern um 20 Uhr!«, sagt er. »Der Motorradfahrer heißt Bernie Kohl. Er wurde im Gregorius-Krankenhaus behandelt - seine geplatzte Augenbraue musste genäht werden, außerdem zwei tiefe Schnittwunden am Oberarm.«
»Dieser Bernie Kohl ist Ihr Komplice!«, sagt Vicky Kant plötzlich zu Wunderlich. »Er hat seinen Unfall genau um 20 Uhr inszeniert, während Sie Bredenburg töteten, damit Sie mit Ihrer angeblichen Beobachtung ein Alibi präsentieren konnten.«
Was war Vicky Kant aufgefallen?

Lösung: Wunderlich kannte die drei Verletzungen des Motorradfahrers, obwohl er den Vorgang angeblich nur aus der Ferne gesehen hatte. Also musste er Kontakt zu ihm gehabt haben.

(Copyright: by author)





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