Freitag, 28. Februar 2014

Eine Falle für den Verräter

War es wirklich Selbstmord?

Ein Vera Falck-Ratekrimi
Von  H.P. Karr

Professor Becker, der an seinem biochemischen Institut im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums forschte, bat seinen Assistenten Udo Offergeld, Kommissarin Vera Falck die Sachlage zu erklären.
»Weil wir unsere Kollegin Linda Schubert verdächtigen, unsere Forschungsergebnisse an einen Chemiekonzern zu verkaufen, habe ich ihr mit einer präparierten Computerdatei eine Falle gestellt.« Udo zeigte Vera Falck Lindas Computer. »Und siehe da - heute Morgen um 7.35 Uhr wurde diese Datei von Lindas Computer via E-Mail an den US-Konzern verschickt.«

»Wir hätten das der Kommissarin alles viel früher berichten können, wenn Sie nicht Ihre Mittagspause überzogen hätten«, wies Professor Becker Udo Offergeld zurecht. Und zu Vera Falck sagte er: »Linda kam nicht aus der Mittagspause zurück. Wir denken, sie hat sich abgesetzt!«
Kommissarin Vera Falck brauchte eine halbe Stunde, um von dem Labor zu Linda Schuberts Wohnung zu kommen. Sie musste sich vom Hausmeister aufschließen lassen und fand Linda im Schlafzimmer auf dem Bett - tot!

Auf dem Nachttisch lagen die leere Ampulle eines Betäubungsmittels und eine Spritze. »Mein Gott«, murmelte der Hausmeister draußen vor der Tür. »Sie war so eine nette Frau! Jeden Morgen hat sie mir die Zeitung hereingebracht, pünktlich um acht, ehe sie zur Arbeit fuhr.«
»Ist Ihnen heute an ihr etwas aufgefallen?«, fragte die Kommissarin.
»Nein, sie war genau so wie immer«, sagte der Hausmeister.
Vera Falck griff zum Handy und rief Professor Becker an. »Linda ist tot«, sagte er. »Der wahre Spion im Labor hat sie als Sündenbock benutzt. Halten Sie Udo Offergeld unter einem Vorwand fest - er hat uns alle getäuscht und wohl auch Linda in der Mittagspause in ihre Wohnung gelockt und getötet, damit es so aussah, als habe sie aus Schuldgefühl Selbstmord begangen.«
Wie kam Vera Falck zu diesem Schluss?


Lösung: Lindas Wohnung lag eine halbe Autostunde vom Labor entfernt. Der Hausmeister hatte sie um acht gesehen, also hätte sie frühestens um halb neun an ihrem Computer sein können. Aber die belastende E-Mail wurde im Büro um 7.35 Uhr versendet. Das konnte nur Offergeld getan haben, der die angebliche Falle aufgebaut hatte. Ein weiterer Hinweis: Offergeld kam zu spät aus seiner Mittagspause zurück.
(C) Alle Rechte beim Autor




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H.P. Karr: Vera Falck ermittelt
30 Rätselkrimis aus dem Revier
182 Seiten
Messkirch: Gmeiner, 2013
ISBN-10: 3839213703
ISBN-13: 978-3839213704

Montag, 10. Februar 2014

Unschuldig verdächtigt

Ein Vera Falck-Ratekrimi
Von H.P. Karr

Kommissarin Vera Falck schaut durch den Einwegspiegel hinüber in den Verhörraum zu dem Verdächtigen. Seit fast drei Stunden verhört ihr Kollege Weber den Mann jetzt schon - ohne dabei weiterzukommen. Bernie Decker ist 25, arbeitet als Aushilfe in einem Parkhaus, hat langes blondes Haar und wirkt mit seinem offenen Gesicht absolut unschuldig. Vor etwas mehr als drei Stunden hat Vera Falck ihn von einem SEK aus seinem Häuschen im Vorort holen lassen und unter Mordverdacht vorläufig festgenommen. Ein anonymer Anrufer hat der Kripo mitgeteilt, dass Decker für den Tod von Leo Lugmayer und Albert Hoffmeister verantwortlich sei und den Hinweis gegeben, dass man sich einmal den Kofferraum von Deckers Wagen ansehen solle.

Nach Deckers Verhaftung haben sich die Männer des Kriminallabors den Honda Civic in Deckers Garage vorgenommen. Vor Vera Falck liegen die Dinge, die man im Kofferaum von Deckers Wagen gefunden hat: eine Pistole vom Kaliber 9 mm, ein Handscheinwerfer, sowie eine Fankappe von Borussia Dortmund. Die Analyse der Waffe hat ergeben, dass sie eindeutig die Tatwaffe in den Fällen Lugmayer und Hoffmeister ist. Alles Indizien, die darauf hinweisen, dass Decker der Mann gewesen war, der gestern in den späten Abendstunden seinen beiden Opfern vor ihren Häusern aufgelauert hat, um sie mit dem Handscheinwerfer zu blenden und zu erschießen. Was Vera Falck allerdings irritiert, ist die Tatsache, dass es keinerlei Verbindung zwischen Decker und den beiden Opfern gibt.

»Gestehen Sie, Decker!«, hört Vera Falck ihren Kollegen Weber über die Gegensprechanlage drüben sagen. »Sie haben Lugmayer und Hoffmeister getötet. Was war ihr Motiv? Die beiden waren bekannte Unterweltgrößen. Discobesitzer mit Verbindungen zum Drogenhandel und zu Autoschleusern  - was hatten Sie mit ihnen zu tun?«
»Ich bin unschuldig!«, beteuert Decker zum wiederholten Mal.
»Wir haben eine Pistole in Ihrem Wagen gefunden. Einen Handscheinwerfer und noch anderes, was Sie mit der Tat in Zusammenhang bringt!«, sagt Weber.
»Die Dinge, die Sie in meinem Wagen gefunden haben, gehören mir nicht!«, stöhnt Decker. »So glauben Sie mir doch endlich! Ich kannte diese beiden Männer doch gar nicht, die da umgebracht worden sind!«
Kommissarin Vera Falck kann in der Tat keine Beziehung zwischen Decker und den beiden Mordopfern erkennen. Oder hat Decker sie bei seinem Job im Parkhaus kennengelernt? Ist er in dunkle Geschäfte mit ihnen verwickelt gewesen?

Irgendwie fühlt sich Vera Falck unsicher. Wieso beharrt Decker bei dieser Spurenlage immer noch auf seiner Unschuld? Schließlich stimmen auch die Beschreibungen einiger Zeugen überein, die gestern den Täter aus der Ferne gesehen haben: ein Mann mit einer Borussia Dortmund-Fankappe. Zuerst hat der Täter Lugmayer um 21.30 Uhr in einer Straße am Hinterausgang seines Clubs in der Südstadt aufgelauert, ihn mit einem Handscheinwerfer geblendet und dann erschossen. Der Zeuge, der den Mord an Hoffmeister um 22.30 Uhr beobachtet hat, konnte sich auch erinnern, dass der Täter in einem grünen Honda Civic geflohen ist. Der Täter hat vor Hoffmeisters Villa gewartet, bis dieser wie üblich herauskam, um seinen Hund Gassi zu führen. »Gleich nach den Schüssen auf Hoffmeister lief der Täter zu einem grünen Honda und raste davon«, hat der Zeuge ausgesagt. »Leider stand ich zu weit weg, um das Kennzeichen zu erkennen. Außerdem regnete es ja auch in Strömen - es war unmöglich, mehr zu sehen.«
Nach dieser Aussage hat Vera Falck in den Morgennachrichten des Lokalfernsehens nach weiteren Zeugen fahnden lassen - und unter den Anrufen daraufhin eingegangen sind, ist auch der anonyme Hinweis auf Decker gewesen. Alles passt zu perfekt, überlegt Vera Falck. Da hat man uns den Täter quasi auf einem Silbertablett präsentiert. Und in der Unterwelt teilen sich inzwischen einige Leute die Reviere von Lugmayer und Hoffmeister auf.

»Ich war gestern und vorgestern Abend daheim«, beteuert Decker drüben gerade.
Vera sieht den Bericht der Kriminaltechnik durch, die sich mit Deckers Honda befasst hat. Man hat trockenen Staub auf dem Dach gefunden und analysiert - ohne Ergebnis. An den Reifen haben trockene Blätter einer Linde geklebt, ebenso im Radkasten.

»Man muss mir die Sachen im Kofferraum untergeschoben haben!«, beteuert Decker drüben. »Meine Garagentür steht offen, jeder hätte das tun können.«
Vera drückt den Knopf der Gegensprechanlage. »Er hat Recht!«, sagt sie zu Weber. »Der wahre Täter hat ihm die Sachen untergeschoben und uns dann anonym den Tipp gegeben, damit wir ihn für den Mörder halten.«
Was ist Vera aufgefallen?

Lösung: Der zweite Mord fand im strömenden Regen statt. Doch an Deckers Wagen wurde trockener Staub und trockene Blätter gesichert. Er konnte also nicht im Regen unterwegs gewesen sein.
(Copyright: by author)





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Samstag, 4. Januar 2014

Riskantes Alibi - Ein Fall für Vicky Kant

Ein exclusiver Vick Kant-Ratekrimi
Von H.P. Karr

Kommissarin Vicky Kant kennt sich hier im Viertel ganz gut aus, deshalb findet sie die Beckerstraße auch sofort. Dieter Wunderlich wohnt in der Nummer 26, und das Glück will es, das vorm Haus auch gerade ein Parkplatz frei ist. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht der Wagen einer Glaserei und zwei Glaser setzen gerade eine neue Scheibe in das Schaufenster eines Schuhgeschäftes ein, das Vicky Kant nur allzu gut kennt, weil sie dort schon mehrere Monatsgehälter gelassen hat.

»Also«, sagt Vicky Kant zu ihrem Kollegen Weber auf dem Beifahrersitz. »Was haben wir bis jetzt?«
»Einen Mord und einen Verdächtigen«, sagt Weber wie aus der Pistole geschossen und blättert in seinen Notizen zum Mordfall Bredenburg. »Dieter Wunderlich ist unser Hauptverdächtiger. Er war bis vor zwei Monaten der Geschäftspartner von Lukas Bredenburg - den beiden gehörte eine Firma, die Mobiltelefone importierte. Vor zwei Wochen kündigte Bredenburg den Gesellschaftervertrag und verlangte von Wunderlich zwei Millionen Euro, die dieser angeblich zu Privatzwecken von den Firmenkonten abgezweigt hatte. Wunderlich bestritt das und schaltete seine Anwälte ein. Aber Bredenburg blieb hart und kündigte an, Beweise für Wunderlichs Betrügereien vorlegen zu können. Doch ehe er dazu kam wurde Lukas Bredenburg gestern Abend um 20 Uhr auf dem Parkplatz seiner Firma erschossen. Der Täter hat ihm aufgelauert, es handelte sich also um einen geplanten Mord. Der Täter hatte es offenbar auf eine Aktentasche mit Unterlagen abgesehen, die Bredenburg bei sich hatte, denn diese wurde nicht bei dem Toten gefunden. Wir können wohl annehmen, dass die Tasche die Unterlagen enthielt, mit denen Bredenburg seinem Partner die Betrügereien nachweisen wollte.«
»Gut«, sagt Vicky Kant entschlossen. »Dann schauen wir jetzt einmal, ob wir Herrn Wunderlich den Mord an seinem Partner nachweisen können.«
***
Dieter Wunderlich öffnet ihnen nach dem ersten Klingeln.
»Ich habe schon mit Ihnen gerechnet!«, sagt er angesichts von Vickys Dienstmarke. »Ein Kollege aus der Firma hat mich angerufen und erzählt, was mit Bredenburg passiert ist.«
»Dann wird Sie die Frage nach Ihrem Alibi nicht überraschen!«, sagt Vicky Kant knapp. »Wo waren Sie gestern von 19 bis 21 Uhr?«
»Hier!«, sagt Wunderlich lässig. »Leider allein. Aber gestern gegen 20 Uhr ist da drüben ein Motorradfahrer ins Schaufenster des Schuhgeschäftes gerast. Ich habe es klirren gehört und aus dem Fenster geschaut. Die Polizei kam ziemlich schnell und auch ein Krankenwagen. Der Motorradfahrer war nicht schwer verletzt, die Polizisten haben ihn vernommen und dann brachte ihn der Krankenwagen weg.« Wunderlich grinst. »Eine aufgeplatzte Augenbraue und zwei Schnittwunden vom Glas im Oberarm - der Bursche hat mehr Glück als Verstand gehabt.«
»Ich überprüfe das«, sagt Weber und holt sein Mobiltelefon heraus.
»Der Vorfall dauerte fast eine halbe Stunde«, sagt Wunderlich. »Ich habe mir alles angesehen - es war spannender als Fernsehen.«
»Komisch, dass dieser Unfall genau zur Tatzeit passierte«, meint Kommissarin Vicky Kant. »Und vielleicht wissen Sie auch nur von Ihren Nachbarn davon.«
»Mit denen rede ich nicht!«, sagt Wunderlich.
Weber schaltet sein Mobiltelefon aus. »Die zuständige Polizeiwache bestätigt den Unfall gestern um 20 Uhr!«, sagt er. »Der Motorradfahrer heißt Bernie Kohl. Er wurde im Gregorius-Krankenhaus behandelt - seine geplatzte Augenbraue musste genäht werden, außerdem zwei tiefe Schnittwunden am Oberarm.«
»Dieser Bernie Kohl ist Ihr Komplice!«, sagt Vicky Kant plötzlich zu Wunderlich. »Er hat seinen Unfall genau um 20 Uhr inszeniert, während Sie Bredenburg töteten, damit Sie mit Ihrer angeblichen Beobachtung ein Alibi präsentieren konnten.«
Was war Vicky Kant aufgefallen?

Lösung: Wunderlich kannte die drei Verletzungen des Motorradfahrers, obwohl er den Vorgang angeblich nur aus der Ferne gesehen hatte. Also musste er Kontakt zu ihm gehabt haben.

(Copyright: by author)





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H.P. Karr
Vera Falck ermittelt
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Messkirch: Gmeiner, 2013
ISBN-10: 3839213703
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